Die Stadt Grasse und ihre Tradition: Parfüme mit Geschichte

Die Gerber rochen nämlich sehr schlecht, weil sie bei ihrer Arbeit Rohstoffe tierischen Ursprungs und verschiedene Substanzen zur Verarbeitung von Leder verwendeten. Lange Zeit suchten sie nach Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen. Nach und nach lernten die Handwerker, Lavendel, Jasmin, Rosmarin, Minze, Mimosen, Rosen und andere Pflanzen, die in der Umgebung von Grasse wuchsen, zur Herstellung von wohlriechenden Produkten, heute Parfüme, zu verwenden, um den Körper zu pflegen und unangenehme Gerüche zu vertreiben.

Heute leben etwa 400 hochkarätige «Nasen»‎ (so nennen sich die Parfümeure im Fachjargon) auf der ganzen Welt. Die Hälfte von ihnen ist in Frankreich ansässig. Und fast alle von ihnen leben in der Stadt der Parfümeure, Grasse.

Und dann kamen die Erfinder der Gerberei für ihre Erfindungen fast ins Gefängnis! Die Hauptkonkurrenten der ersten Parfümeure waren die Apotheker, die ätherische Öle herstellten, wobei die Produktionsbereiche damals streng zwischen den Zünften aufgeteilt waren.

Doch die Gerber hatten Glück: Die französischen Herrscher schenkten den Erfindungen der Handwerker Aufmerksamkeit. Es waren die Könige und Königinnen, die vor etwa 500 Jahren die neue Industrie offiziell anerkannten und sie durch ihre höchste Schirmherrschaft schützten. Und die Fehde zwischen Gerbereien und Apothekern, die ausgebrochen war, endete friedlich: Sie wurden miteinander verwandt, heirateten ihre Kinder und Enkelkinder. Daher hat im Allgemeinen fast jeder erbliche französische Parfümeur Vertreter beider Handwerksberufe in seinen Vorfahren.

Zu den Bewunderern der Parfümeure von Grasse gehörte auch die Giftmörderkönigin Maria Medici. Ihre örtlichen Parfümeure eroberten auch sie mit magischen Düften der erfundenen Mittel und überreichten dem Kronprinzen parfümierte Handschuhe. Der Königin gefiel die Neuheit so gut, dass sie sie sofort in Mode brachte.